Die Dritte Koalition


Der 1802 zwischen England und Frankreich geschlossene Frieden von Amiens hielt nicht lange. Die Friedensbedingungen waren besonders in England unpopulär, so sollten wertvolle Stützpunkte wie Kapstadt, Malta und Menorca zurückgegeben werden.

Die Franzosen warfen England vor Malta nicht wie verabredet geräumt zu haben, während die Engländer feststellen mussten, dass Napoleon den zugesicherten Status Quo in Europa nicht wahrte.

Die formelle Kriegserklärung im März 1803 kam für die Franzosen nicht überraschend, doch konnte der gewaltige Vorsprung der englischen Kriegsflotte in dem knappen Friedensjahr nicht eingeholt werden. Den 42 französischen Linienschiffen standen immer noch mehr als doppelt soviel Schiffe auf englischer Seite gegenüber. Bereits am Tag der Kriegserklärung verließen englische Geschwader ihre Heimathäfen und die Blockade der französischen Häfen wieder aufzunehmen.

Während Frankreich und England sich wieder im Krieg befanden, herrschte auf dem europäischen Festland noch ein wackeliger Frieden. Napoleon setzte also auf einen uralten französischen Plan um den Erzfeind niederzuringen: Die Invasion Englands.

Als Napoleon Bonaparte noch General war, beauftragte das Direktorium ihn eine Landung in England durchzuführen. Damals winkte er ab und riet seinen Vorgesetzten eine Expedition nach Ägypten durchzuführen um langfristig Englands Verbindung nach Asien stören zu können.

1805 stand Napoleon, jetzt als Kaiser der Franzosen, selbst an der Kanalküste und hoffte auf einen günstigen Moment um die Invasion durchführen zu können. Entlang des Kanals hatte er seit Herbst 1803 250.000 Soldaten zusammengezogen.
Was ihm fehlte waren wenige Tage: Ein paar Tage in denen die Autorität der Royal Navy über den Kanal gebrochen werden konnte, denn der Kanal wurde bei Seeleuten zu Recht als "The English Channel" bezeichnet. Spätestens seit der Schlacht von Quiberon galt England als uneingeschränkter Herrscher des Kanals und sollte diese Position noch sehr lange innehaben.

Trafalgar



Um die notwendige Zeit für eine sichere Überfahrt zu gewinnen, entwickelte Napoleon einen ausgeklügelten Plan der in Grundzügen auf dem Plan von Marschall Fouqet Duc de Belle-Isle aus den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts aufsetzte, nur war diesmal nicht das Mittelmeer der Köder.
Admiral Villeneuve sollte mit einer französischen Flotte nach Westindien fahren um dort britische Besitzungen anzugreifen. Napoleon hoffte so die Engländer aus dem Kanal locken zu können. Tatsächlich gelingt es Villeneuve die Blockade zu durchbrechen und in die Karibik durchzustoßen. Admiral Horatio Nelson folgt ihm über den Atlantik, kann ihn dort jedoch nicht stellen.
Villeneuve folgt seinen Befehlen und setzt nach 40 Tagen wieder Kurs auf die Heimat. Am 22. Juli 1805 trifft Sir Robert Calder bei Kap Finisterre auf die französische Flotte. Es kommt nur zu einem kurzen Gefecht, aber es reichte aus um Villeneuve dazu zu bringen entgegen seinen Befehlen nicht nach Brest, sondern nach Cadiz einzulaufen wo er sofort wieder durch die Briten blockiert wurde.

Als Napoleon diese Information erhält ist ihm klar, dass er die notwendigen Tage für die Kanalüberquerung nicht erhalten wird. Etwa zur gleichen Zeit erhält er besorgniserregende Berichte seiner Spione aus Europa.

Der englische Premierminister William Pitt suchte seit dem Ende des Friedens von Amiens auf dem europäischen Kontinent nach Verbündeten gegen Frankreich. Napoleon selbst war ihm dabei die größte Hilfe, als er im März 1804 Soldaten in das neutrale Baden sandte um den Fürst von Enghien in seine Gewalt zubringen. Unter dem Kommando von Brigadegeneral Michel Ordener marschierten französische Soldaten in das badische Ettenheim ein um Louis Antoine Henri de Bourbon-Condé, den Herzog von Enghien, festzunehmen. An ihm sollte, nach dem misslungenen Attentat auf Napoleon Bonaparte im Vorjahr, ein Exempel an den Bourbonen statuiert werden. Es gelang den Franzosen den Herzog zu entführen. Dieser Akt stieß in ganz Europa auf großen Widerstand. Die Hinrichtung des Fürsten schockierte die europäischen Adelshäuser und war der willkommene Nährboden für Pitts Suche nach neuen Bündnispartnern.

Im Umfeld des russischen Zaren Alexander I. fand Pitt gehör. Der Zar war erst seit 1801 im Amt und hegte große Sympathien für Napoleon. Er wollte sich nicht in die europäischen Angelegenheiten einmischen, sondern Russland reformieren und einen innenpolitischen Wandel herbeiführen. Ein Großteil seiner Berater sah die Sache jedoch anders. Sie fürchten sich vor den französischen Ambitionen auf dem Balkan und im Mittelmeer und drängten Alexander I. in die Opposition zu Frankreich.
Die Österreicher wurden eh nie Müde gegen Frankreich ins Feld zu ziehen und besiegelten bereits im November 1804 ein unverbindliches Abkommen gegen Napoleon. Die Vereinigung von Genua mit Frankreich war für die Österreicher der ausschlaggebende Grund um der Koalition beizutreten.
Im April 1805 wurde der Grundstein für die 3. Koalition in St. Petersburg gelegt: England und Russland verständigten sich darauf Holland und die Schweiz zu beschützen. Nachdem sich Napoleon selbst auf den italienischen Königsthron setzte trat Österreich dem Bündnis bei. Im Juli und August wurde der Vertrag geschlossen und die 3. Koalition war Wirklichkeit geworden.

Preußen war für beide Seiten eine unsichere Variable gewesen. Dank Talleyerands Verhandlungsgeschick war sich Napoleon der preußischen Neutralität sicher, wenigstens solange er als Sieger aus diesem Feldzug ging. Auch wenn Preußen keinen offiziellen Vertrag abschloss, so war Hannover als Pfand für Berlin völlig ausreichend.
Dem Kurfürsten von Bayern unterstanden ebenfalls 25.000 Soldaten, aber er glaubte nicht mehr an einen Erfolg Napoleons und wankte zwischen Frankreich und Österreich. Die Österreicher umwarben Bayern ebenfalls, boten sogar Salzburg und Tirol im Falle eines Sieges an. Aber der Kurfürst weigerte sich seine Armee aufzulösen und unter österreichische Herrschaft zu stellen. Napoleon informierte ihn persönlich über sein "Geheimnis", nämlich der Auflösung des Lagers in Boulogne und zog ihn damit doch noch auf seine Seite.

Der Plan der Koalitionäre war komplex und erforderte ein gewaltiges Maß an Organisation und Abstimmung. Während die Engländer Landeoperationen an der französischen und holländischen Küste planten, sollten weitere englische Truppen (15.000) in Cuxhaven landen, sich mit Schweden (12.000) und bei Stralsund gelandeten Russen (20.000) vereinen um Hannover zu erobern und wieder unter den Einfluss der englische Krone zu holen. Ein großes russisches Heer (50.000) sollte Druck auf Berlin ausüben um die 200.000 preußischen Soldaten in die Koalition aufnehmen zu können. Gleichzeitig sollten österreichische Truppen (85.000) unter dem Kommando von General Mack in das mit Frankreich verbündete Bayern vordringen und sich dort mit der Armee von Kutusov (85.000) zu verbinden. Diese gewaltige Armee sollte dann vereint auf den Rhein zustoßen. Weitere österreichische Truppen (100.000) sollten unterstützt von britischen, russischen sowie königstreuen Franzosen Norditalien angreifen. Alles in allem standen mehr als 500.000 Soldaten bereit Napoleons Herrschaft in Europa zu beenden.
Ein Großteil dieser Informationen lag Napoleon im August 1805 vor. Er hatte 250.000 gut ausgebildete und weitere 125.000 frisch ausgehobene Soldaten zur Verfügung. Lange nicht genug um der Koalition entgegentreten zu können, dafür war ihr Ausbildungsstand ausgezeichnet und denen der Koalitionäre überlegen. Es entsprach damals nicht den Gepflogenheiten so eine gewaltige Armee ständig zu unterhalten, jetzt sollte es zu Napoleons größtem Vorteil werden.

Napoleon musste sich nun entscheiden ob er weiterhin die Invasion verfolgte, oder sich der 3. Koalition stellte. Villeneuves Flucht nach Cadiz nahm Napoleon die Entscheidung ab. Man kann allerdings darüber streiten ob sein Plan überhaupt aufgegangen wäre, denn die Engländer hatten entgegen seiner Hoffnung nicht ein einziges Schiff der Kanalflotte abgezogen um Villeneuve in die Karibik zu verfolgen. Die französischen Landungsboote blieben den Beweis ihrer Hochseetauglichkeit ebenfalls schuldig und so ist Napoleon vielleicht insgeheim ein Stein vom Herzen gefallen als er die Operation abbrach. Zumindest schrieb er später, nachdem der erste Zorn gegen seinen Vize-Admiral verflogen war, dass es bedauerlich gewesen wäre, seinen Plan gegen Koalition bei rechtzeitigem Eintreffen von Villeneuve nicht in die Tat umsetzen zu können.

Napoleon stand nun ohne Flotte mit seiner Grand Armée am Kanal. Er selbst schrieb, dass dies durchaus eine unangenehme Lage für ihn war. Die Aktivitäten der 3. Koalition kamen ihm daher gerade Recht um seinen Krieg doch noch führen zu können. So konnte er ohne Gesichtsverlust die geplante Invasion abbrechen.